Tarek Al-Wazir erkundet Geschäftsmöglichkeiten zusammen mit hessischen Unternehmen in Iran

Sofern die aktuellen Maßnahmen zur Öffnung gegenüber den westlichen Ländern anhalten, sehen wir hohe Chancen in der Bauwirtschaft und ein hohes Potential, hier geschäftlich Fuß zu fassen.
Nach Angaben des Infrastruktur- und Verkehrsministeriums werden hohe Gelder für Infrastruktur- und Verkehrsbaumaßnahmen zur Verfügung gestellt. Die deutschen Firmen sind aufgerufen worden sich daran zu beteiligen und ebenfalls zu investieren. Wünschenswert ist aus meiner Sicht bei der Beteiligung der deutschen Firmen eine Unterstützung des hessischen Wirtschaftsministeriums an den Infrastrukturmaßnahmen. Ich erhoffe mir dadurch nicht nur eine Normalisierung der wirtschaftlichen, aber auch der politischen Beziehungen zwischen Iran und Deutschland, aber auch den europäischen Ländern.
Ich finde die Reise hochinteressant. Ich habe zwei einander sehr zugewandte, offene Seiten beobachten können und auf hessischer Seite gibt es sehr viele zufriedene Unternehmer die Geschäftskontakte angebahnt haben, die sie jetzt vertiefen wollen. Zum Teil hatten Unternehmer aus Hessen hier schon Geschäftspartner mit denen sie das Geschäft einfach weiterentwickeln wollen und werden, zum Teil auch sehr deutlich werden und in den anderen Fällen muss ich darauf verweisen abzuwarten was daraus wird. Insgesamt ist es glaube ich eine sehr positive Stimmung die auf dieser Reise herrscht und jeder mit dem ich gesprochen habe sagt, dass er was mitnimmt.
Thorsten Winter, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die Delegationsreise dient nicht nur der Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Iran und Deutschland. Sie ist auch ein Beitrag zur Völkerverständigung. Wenn wir uns kennen lernen ist es eine Form des Brückenbauens auf der Ebene der Zivilgesellschaft, die eine Bereicherung für beide Länder und deren Menschen ist
Eva Goldbach, Hessischer Landtag, Fraktion Bündnis90/Die Grünen

Hessische Unternehmen in Iran

Vom 17.-21.9.2016 besuchte eine vierzigköpfige Gruppe aus Unternehmern, Politikern, Journalisten, Juristen und Unternehmensberatern unter Führung des hessischen Wirtschaftsministers Iran. Tarek Al-Wazir sprach im Vorfeld davon, dass der Ruf Hessens in Iran exzellent sei und  Frankfurt als Bankenstandort seit vielen Jahren iranische Banken beherbergt. Die Finanzierungshemmnisse, die weiterhin bestünden, sollten ausgeräumt werden. Hessische Firmen haben seit langem gute Beziehungen in die Islamische Republik, stellen auf Messen aus und arbeiten mit Unternehmen in Iran zusammen. Geschäfte mit Iran sind also kein absolutes Neuland für hessische Unternehmer.

Gespräche mit vorhandenen und potentiellen Geschäftspartnern zu führen, neue Kontakte zu knüpfen, Schwierigkeiten möglichst zu beseitigen und einen Einblick in das iranische Potential zu bekommen – das waren Ziele dieser Reise. Wir geben hier einige Einblicke.

Begonnen wurde die gemeinsame Reise nach Ankunft in Teheran mit einem Briefing über die aktuelle wirtschaftliche und politische Lage Irans durch Rene Harun, Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Industrie und Handelskammer Teheran.

Infrastrukturmaßnahmen: Iran wirbt um Beteiligung deutscher Firmen

Ministerium in Iran

Im iranischen Ministerium für Verkehr und Städtebau war die Delegation zu einem Gespräch mit Vize-Minister Dr. Asghar Fakhri Kashan eingeladen.

Das Ministerium informierte über den Infrastrukturausbau. Man will die Menschen aus den Großstädten herausholen und baut deshalb ganze neue Städte auf, hierbei wird auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit Wert gelegt.
Beispiele für weitere Projekte mit hohem Investitionsbedarf sind im Luftverkehr der Ausbau des Imam-Khomeini-Airports in Teheran und die Beschaffung von Tausenden Güterwaggons und Bussen.

Privatisierung

Die Infrastruktur soll in staatlicher Hand bleiben, ihre Nutzung wird privatisiert (eine solche Privatisierung schreibt die iranische Verfassung vor. Wir berichteten darüber: https://www.nazirizadeh.de/iran-beratung/iran-wirtschaft/).

Möglichkeiten für deutsche Unternehmen in Iran

Für ausländische Firmen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten ihre Geschäfte mit Iran zu führen. Zum Beispiel:
über Regierungsbudget, über regierungseigene Firmen wie Iran-Air oder die Bahn und verschiedene Möglichkeiten ausländischer Investitionen.
Für deutsche Firmen gibt es die Möglichkeit, direkt zu investieren, oder im Rahmen eines Joint-Venture mit einem iranischen staatlichen Unternehmen (mindestens 51% iranische Beteiligung). Die Finanzierung über deutsche Banken oder Versicherungsunternehmen ist grundsätzlich nach Aufhebung der Sanktionen jetzt wieder möglich und erwünscht.

Infrastrukturausbau: Ein Zuhause für 400000 Menschen – New City of Pardis

Ein Beispiel für den Ausbau der Infrastruktur sah die Delegation nordöstlich von Teheran. Die „New City of Pardis“ ist eines der größten Massenwohnungsbauprojekte Irans, nach Abschluss der Baumaßnahmen sollen hier 400000 Menschen wohnen.
Aktuell leben in der Stadt bereits 83000 Einwohner, von denen ca. 30% in Teheran arbeiten, 70% bereits in und um die Stadt Beschäftigung gefunden haben.

Solche Arbeitsplätze bietet z.B. der  „Pardis Technology Park“, genannt das „Silicon Valley Irans“, ein technologie- und wissenschaftsorientiertes Wirtschaftsprojekt, ca. 20 km von der Teheraner Stadtgrenze gelegen, geleitet vom Ministerium für Wissenschaft und Technologie und einem vierzehnköpfigen Kuratorium. Die Islamic Azad University unterhält eine Niederlassung in Pardis.

Neubauten in Iran

Deutsche Technik kommt zum Einsatz

Der größte Teil der Bewohner dieser neuen Stadt ist aus Teheran zugezogen, wegen der günstigeren Wohnungspreise und eines angenehmeren Klimas ohne die Luftverschmutzung, für die Teheran bekannt ist. Der Ausbau der Autobahn erleichtert das Pendeln in die Hauptstadt.

Beim Wohnungsbau war die Auflage, möglichst viel einheimische Produkte zu verwenden. Falls das nicht möglich ist, greift man gerne auf deutsche Technik zurück.  Viele der verwendeten Baukräne sind von der deutschen Firma Liebherr, auch bei zahlreichen Fenstern wurde deutsche Technik verwendet.

Möglichkeiten für deutsche Unternehmen in Iran bieten beispielsweise Investitionen  in den öffentlichen Nahverkehr und die Energieversorgung, oder in den geplanten Bau eines großen Outlet-Centers.

Handel und Investment

Präsident der Teheraner Handelskammer erwartet jährliches Handelsvolumen von 10 Mrd. Euro

Tarek Al-Wazir und seine Begleitung aus Hessens Wirtschaft, Politikern, Unternehmern, Juristen und Unternehmensberatern besuchten die Teheraner Handelskammer zu Gesprächen  und der Unterzeichnung eines Kooperationsabkommens.

Die Teheraner Handelskammer vertritt 15000 Mitglieder. Anders als in Deutschland ist die Mitgliedschaft in Iran nicht verpflichtend.
Masoud Khansari, der Präsident der Handelskammer, erwartet für die Zukunft ein Handelsvolumen von jährlich 10 Mrd.€ zwischen Iran und Deutschland.

Für die dringend anstehenden Investitionen im Land benötigt Iran ausländische Beteiligungen von 50 Mrd. US$.

Hessen soll bei der Beseitigung der Probleme im Zahlungsverkehr helfen

Die aktuell größten Probleme für Geschäfte mit Iran bestehen trotz Aufhebung der Sanktionen immer noch im Zahlungsverkehr. Der Kammerpräsident erwartet, dass Hessen als Standort des Frankfurter Finanzzentrums bei der Lösung dieser Probleme eine besondere Rolle übernimmt und Druck auf die Bundesregierung aufbaut, um hier einen Fortschritt zu erzielen.

Er erläuterte auch das iranische Gewerkschaftssystem. Die Einheitsgewerkschaft, Kaneye Kargar („Haus der Arbeiter“), bestimmt in Iran den Mindestlohn. Außerdem wacht sie über die Arbeitsbedingungen und geht Beschwerden von Arbeitern nach. Bei Problemen verhandelt sie mit der Regierung über Lösungen.

Besuch bei der größten Investmentbank Irans

Im Anschluss an die Gespräche in der Handelskammer besuchte die Delegation die Eghtesad Novin Bank, die größte Investmentbank Irans. Hier gab Vizepräsident Faraz Mosaferi Rad einen Überblick über die iranische Wirtschaftslage, über die Investitionsmöglichkeiten in Iran und über bestehende und in Verhandlung befindliche Kooperationen.
Die EN-Bank wurde im Jahr 2000 von der Eghtesad Familie als Teil des Privatisierungsprogramms der iranischen Regierung etabliert. Sie befindet sich weiterhin zu 90% in Familienbesitz und ist unter den 200 Top-Unternehmen in Iran aufgeführt.

Unternehmen in Iran Iranische Handelskammer Teheran
Unternehmen in Iran: Kooperationsvereinbarung wird unterzeichnet
Hessische Unternehmen in Iran: Vortrag

Die iranische Zentralbank

Unternehmen in Iran: Ansicht der Zentralbank

Bei einem Termin mit dem Vize-Gouverneur der Iranischen Zentralbank, Dr. Gholam Amir Kamyab, erläuterte dieser zunächst die aktuelle Lage.
Tarek Al-Wazir, hessischer Wirtschaftsminister, äußerte, dass die Finanzen der Schlüssel zum erfolgreichen Handel sind und den Wunsch, wieder an die früher so erfolgreichen Beziehungen anknüpfen zu wollen.
Während ein Teil der Delegation die iranische Zentralbank besuchte, wurde im Iran Business Training Center die Kontakt- und Informationsbörse eröffnet. Hier fanden sich in „B2B“-Gesprächen potentielle Geschäftspartner aus Iran und Deutschland zusammen.

Unternehmen in Iran Iranische Zentralbank

Unternehmen in Iran:  Azin Khodro

Große Erwartungen an das Wachstum der Automobilindustrie

Beim Automobilzulieferer Azin Khodro hörte die hessische Delegation einen Vortrag über die iranische Automobil- und Zuliefererindustrie und besichtigte das Werk.
In diesem Jahr, so die Prognose, werden in Iran 1,6 Millionen Fahrzeuge produziert werden. Damit liegt Iran unter den Automobilherstellern weltweit auf Rang 17 und will im nächsten Jahr auf den 15. Platz aufsteigen. Das Gesamtvolumen von Azin Khodro beträgt 25 Mio. US$. Seine Exportquote beträgt 10%. Das Unternehmen bildet 500 Auszubildende für die Automobilproduktion aus. Darin spiegeln sich die großen Erwartungen an das Wachstum der iranischen Automobilindustrie.

Unternehmen in Iran: Actoverco

Unter den Unternehmen in Iran ist das Pharmaunternehmen Actoverco ein Beispiel für gelungene Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Iran.
Actoverco ist ein rein privates Familienunternehmen und produziert für die deutsche Firma Merck. Verwendet wird von Merck gelieferte Technologie. Die Lizenzen stammen ebenfalls von Merck. Produziert wird bislang für den iranischen Markt. Eine Ausweitung auf andere Märkte ist geplant.
Der Vertreter der Firma Merck lobte die Zusammenarbeit mit der iranischen Firma, die Unternehmenskultur und das Geschäftsklima in Iran.
Er meinte: „ Iran ist sehr gut geeignet für das Geschäft. Es wird zu viel kontrolliert, aber dafür fühlt man sich auch sicher“.

Fazit

Während der ganzen Reise herrschte eine positive Stimmung auf Seiten der Delegation und der iranischen Gastgeber, mit der  Erwartung, dass die Reise die gegenseitigen Beziehungen tatsächlich voranbringen würde. Es herrschte eine wohlwollende Haltung der jeweils anderen Kultur und Geschäftskultur gegenüber.

Firmenvertreter, die sich in „B2B“-Gesprächen um konkrete Anbahnung von Geschäftskontakten bemühten, äußerten sich sehr zufrieden. Beispielhafte Erfolgsmeldungen: Hans-Ludwig Blaas, Gesellschafter und Geschäftsführer der Holzapfel Group, eines Unternehmens der Metallveredelung, berichtete, dass er einen iranischen Kooperationspartner gefunden habe und im Rahmen eines Joint-Venture in Iran produzieren wird. Dipl. Wirt.-Ing. Stephan Welp von der Firma MICROBOX, einem Elektronikunternehmen das Spitzentechnologie für Kameras und Microscanner entwickelt und produziert, hat sich sehr positiv über die Erweiterung seiner Geschäfte geäußert und auch schon einen iranischen Mitarbeiter während der Reise eingestellt.